Ausgaben: Maessins DTÖ 149, Vaet DTÖ 113
Die CD unternimmt den Versuch einer Rekonstruktion der Musik anläßlich der Einweihung der Innsbrucker Hofkirche am 14. Februar 1563. Die Kirche wurde als Standort für das monumentale Grabmal Kaiser Maximilians I. von dessen Enkel Ferdinand I. errichtet und zu Ehren des heiligen Kreuzes geweiht. Der Anlaß wurde mit kirchlichen und weltlichen Festlichkeiten gefeiert, zu denen eben die feierliche Einweihungsmesse gehört. Franz Gratl, der schon mit seiner Diplomarbeit seine hervorragende wissenschaftliche Befähigung bewiesen hat, war offensichtlich der Initiator der Idee der Rekonstruktion und ihrer Aufnahme. In seinem kenntnisreichen und informativen Kommentar im Begleitheft der CD gibt er Auskunft und Rechenschaft über das Unternehmen.
Das Rückgrat bildet Jacobus Vaets Missa Tityre tu patulae, ein Parodiewerk über Orlando di Lassos gleichnamige Motette; Messe und zugrundeliegende Motette wurden nach der Ausgabe in DTÖ 113 ausgeführt. Vielleicht darf man vermuten, daß die Wahl des Textes von Vergil neben dessen Berühmtheit auch andere Ursachen hat: wenn hier ein Dialog zwischen Tityrus, der mit seinen Herden in äußerer und seelischer Ruhe lebt, und Meliboeus. dem Vertriebenen, Heimatlosen, der von Ort zu Ort zieht und nirgends Ruhe findet, stattfindet, könnte sich das auf die immer unruhigen Zeiten des 16. Jahrhunderts beziehen, in denen der Kaiser als der ruhende Pol gesehen wird.
Außer der Messe umfaßt die Rekonstruktion der liturgischen Feier Werke anderer Meister, die während Kaiser Ferdinands Residenz in Innsbruck mit dessen Hof verbunden waren: Pieter Maessins (mit In dedicatione huius templi aus DTÖ 149), Jacques Buus, Arnold von Bruck, Antonio de Cabezon (der sich wahrscheinlich im Gefolge Karls V. bei dessen Besuch in Innsbruck 1530 befand), Heinrich Isaac (das Innsbruck-Lied, im Gedenken an Kaiser Maximilian), ferner Michael Deises Trauermotette auf den Tod Ferdinands und Christian Hollanders Huldigungsmotette Austria virtute aquilas auf das Haus Habsburg sowie ein Instrumentalstück für Bläser, das im Begleittext als Improviation bezeichnete wird, wobei aber das Improvisatorische sich bestenfalls auf gewisse Freiheiten der Ausführung beziehen kann.
Für die DTÖ ist diese Aufnahme insofern besonders erfreulich, als zwei ihrer Bände als Quellen der oben bezeichneten Werke genannt werden, was leider bei derartigen Veröffentlichungen nicht immer geschieht und daher mit Dank zur Kenntnis genommen wird.
letzte Änderung: 22.10.2013 • Text: Theophil Antonicek • Webeinrichtung: Konrad Antonicek